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Theologie für alle: Erasmus von Rotterdam (1265 - 1536) IV

Die Summe der christlichen Berufung ist die harmonische Gemeinschaft.
Erasmus gab sich, in lateinischer Übersetzung seines Vornamens, den Beinamen Desiderius (der Ersehnte) und nahm damit den Namen eines Freundes des von ihm hochgeschätzten Kirchenvaters Hieronymus an. Der Namensträger Erasmus lässt sich aber auch selbst als ein Mensch sehnsüchtigen Verlangens charakterisieren. Leidenschaftlich sehnt er sich nach Bildung, nach Kirchenreform und nach Einmütigkeit und Frieden.
Erasmus ist überzeugt: Krieg ist die Wurzel für Unheil, das sich unkontrollierbar ausbreitet. Darum kann er allenfalls ein letztes Mittel sein - und sollte besser grundsätzlich vermieden werden. Mögen manche Theologen den «gerechten Krieg» billigen - die gesamte Lehre Christi, so Erasmus, ist gegen den Krieg gerichtet, und es wäre dringlich, sich gerade in dieser Sache durchaus nonkonformistisch an nichts anderes als das Evangelium zu halten. In einem von Erasmus verfassten fiktiven Gespräch «Soldatenbeichte» wird einem Soldaten, der seine Beutegier mit den unlauteren Motiven anderer entschuldigt, bissig entgegnet: «Es ist etwas Grosses, mit vielen unsinnig zu sein.»
Mit dem Übel des Krieges wurde Erasmus bei seinem Aufenthalt in Italien 1506 -1509 konfrontiert. Zu allem Überfluss sah er Papst Julius II. unter den Kriegstreibenden. Nicht nur der Krieg unter Christen ist ihm zuwider, selbst der Krieg gegen die Türken scheint ihm das falsche Mittel zu sein.
In seiner pazifistischen Grundhaltung ist Erasmus sensibel für die Wurzeln von Streitigkeiten im alltäglichen menschlichen Zusammenleben. Er lässt christlichen Lebensstil an der Bergpredigt Maß nehmen. Statt Unrecht mit Unrecht zu beantworten, ist das Böse durch das Gute zu überwinden. «Wie soll denn schließlich das wechselseitige Unrecht enden, wenn jeder fortfährt, seinen Schmerz mit Rache zu vergelten?» Erasmus skizziert damit eine anspruchsvolle Lebenshaltung, die zugleich im Tiefsten sehr einfach ist, weil in ihrem Zentrum die (erfahrene und aufgetragene) Liebe steht. Deswegen reagiert Erasmus empfindlich, wenn es in seiner Zeit manchmal den Anschein hat, als stünden kirchliche Fastenvorschriften usw. höher als das Liebesgebot. Dessen Erfüllung ist Kriterium echter Frömmigkeit. «Wie soll dich denn Gott bei deinem Gebete hören, wenn du als Mensch den Menschen nicht hörst?»
In seiner Schrift «Klage des Friedens» legt Erasmus dem personifizierten Frieden die Klage auch über die kirchlichen Parteiungen und Zerwürfnisse in den Mund. Nicht einmal in der Kirche findet er Aufnahme! Dass die zeitgenössische Theologie sich als scholastischer «Kampfring» gestaltet und auf Streit und Verketzerung aus ist, prangert Erasmus ebenso an wie Versuche der Orden, sich durch die Farbe der Gewänder, Gürtel, Schuhe und Ähnliches gegeneinander zu profilieren. An völlig unwesentlichen Äußerlichkeiten oder auch an eigens formulierten kirchlichen Regeln sucht man Abgrenzung voneinander und will sich letztlich über andere erheben. So sieht Erasmus Spaltung und Feindschaft wegen Unterschieden «in lächerlicher Sache» erwachsen. Dabei ist die Summe der christlichen Berufung die Eintracht, nicht die Spaltung. Vom Wesentlichen - der Taufe, dem gemeinsamen Glauben - herbetont Erasmus in seinem Kirchenbild das Gemeinsame, das alle Glaubenden verbindet. Die Kirche ist der Leib der vielen Glieder, der keine Spaltung duldet. Statt andere Menschen als «Fremde» abzulehnen, gilt es, sie als «Gefährten eines gemeinsamen Glaubens und zu demselben Glück eines zukünftigen Lebens berufen» anzusehen. An Eintracht und Frieden orientiert werden «die einzelnen einander und alle allen teurer und zugleich angenehmer sein, vor allem aber Christus angenehmer» - so endet die Friedensvision des Erasmus. von EVA-MARIA FABER