Die schönste Zeit des Jahres für mich ist angebrochen: der Advent, die
Tage kürzer, die Abende lang. Sie laden ein, bei sich selbst einzukehren.
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Weihnachten mit Kindern
Wenn das so einfach wäre, höre ich Sie seufzen. Der
Terminkalender ist gerade jetzt ziemlich voll. Sie müssen
vom Musikkonzert über den Singabend zum
Weihnachtsspiel eilen und ein Schmunzeln huscht mir
übers Gesicht – wie ich das als Mutter von vier inzwischen
bald erwachsenen Kindern kenne. Manchmal habe ich
mich gefragt: Warum um Himmels willen wird denn alles in
diesen Advent reingepackt?
Trotzdem liebe ich sie, diese Zeit der Ankunft. Schon
damals, als die vier noch klein waren. Auch sie freuten
sich auf Weihnachten, auf die Geschenke, den Christbaum,
mit allem Drumherum. Und da auch sie den 24.
sehnsüchtig erwarteten, schmückte ich diese Zeit mit
Ritualen aus, denn gerade diese helfen ihnen und auch
uns Erwachsenen, uns auf etwas vorzubereiten. Wir
müssen gar nicht ständig etwas Neues erfinden, sondern
können auf Bekanntes und Bewährtes zurückgreifen.
So haben wir früher jedes Jahr unser Adventsstädtchen aus
dem Estrich geholt, das aus 24 kleinen
Kartonschächtelchen besteht. Jedes war in bunten Farben
besprayt, mit Schnee-Wattebäuschen verziert und zu
einer Stadt zusammengeklebt. Jedes Häuschen bekam
eine goldene Nummer und ein kleines Geschenk.
Abends, immer zur selben Zeit, setzten sich die Kinder auf
die Treppe, wir sangen ein Lied, ich erzählte eine kurze
Geschichte und eines der Kinder durfte ein Häuschen
öffnen. Mit den Jahren spielte das erste, dann das zweite
Kind ein Instrument und irgendwann hatten wir sogar ein
kleines Anfängerquartett. Musik ist solch Balsam für die
Seele.
Weihnachtsguetzlibacken gehörte seit je auch dazu – und
während sich die Küche mit Guetzliduft erfüllt, ertönt
(noch heute) Andrew Bonds «Zimetstern hani gern» aus der Box.
Weil der Weihnachtsgottesdienst mit vier kleinen Kindern eine Herausforderung gewesen wäre, haben wir in den Kleinkindjahren eine Alternativfeier im Stall organisiert: mit vielen Familien und Freunden bei
Schafen und sogar einem Esel. Wir alle waren unterwegs zum Stall, brachten Geschenke und lebten das Geschehen selbst nach. Authentisch und mit allen Sinnen.
Text: Franziska Keller, Religionspädagogin
Adventskranz
Im «Rauhen Haus» kümmerte sich der Hamburger Theologe und Erzieher Johann Hinrich Wichern (1808-1881) um verwahrloste und verweiste Kinder.
Als diese von ihm in der Adventszeit immer
wieder wissen wollten, wann nun endlich
Weihnacht sei, baute er 1839 aus einem
Wagenrad einen Holzkranz. Dieserwar mit 20
kleinen roten Kerzen und vier grossen
weissen Kerzen bestückt. Nun konnten die
Kinder die Tage bis Weihnachten abzählen.
Noch heute hängt in der Sankt-Michaelis-
Kirche in Hamburg alljährlich ein
Adventskranz nach diesem Vorbild.
Ausdem Wichern'schen Adventskranz
entwickelte sich im Laufe des 19.
Jahrhunderts der Adventskranz,der aus
Tannengrün gefertigt und mit vier Kerzen
besteckt wurde. 1925 wurde in Köln
erstmals ein Adventskranz in einer
katholischen Kirche aufgehängt.
Der Kranz symbolisiert eine Krone,die auf
die Königswürde des erwarteten Kindes
hindeutet. Die vier Kerzen symbolisieren
die vier Adventssonntage,
gelten aber auch als ein Zeichen für das
Licht, welches durch die Geburt von Jesus
Christus in dieser Welt erstrahlt. So wie
es im Johannes-Evangelium steht: «Ich bin
das Licht der Welt.»